Ich habe selbst gestaunt, als ich vor Jahren herausfand, wie sehr ich das Wattenmeer liebe. Eigentlich ist es nicht zum Staunen, denn Liebe zu den unspektakulären Wundern kenne ich. Trotzdem entzückt mich jedesmal zutiefst, wie Ebbe und Flut, die Muster im Sand, die nassen Wiesen, wie der erste Blick vom Deich mich ergreifen. Ich bin ja so eigentlich eine Frau der Berge, des Hügellandes, der Binnenseen, der Wälder, und doch, auch eine Wasserfrau – und doppeltes Luftzeichen, gut aufgehoben am Wattenmeer. Deshalb fuhr ich heute hin, ging spazieren, zwischen Austernfischern und Gänsen. Ich kam bei Flut und sah zu, wie die Ebbe kam. Schwabbschwabb, das Licht, die Meergewalt, die Küstenlinie. Die nassen Wiesen. Die leeren Campingplätze. Die Muscheln, die unendlich vielen Muschelschalen. Die Wolken.
